Mein Ego ist mal wieder zurück seit ein paar Tagen und möchte mich auf etwas hinweisen.
Einer dieser Momente, in denen ich verstehe, dass Leute nicht die rote, sondern die blaue Pille genommen haben.
Ich reagiere gerade sehr empfindlich auf ein paar Personen in meinem Leben. Ich übertreibe bei der Interpretation von Kommunikation, dichte in jeden Satz so viel Negatives wie möglich hinein, fühle mich ungerecht behandelt und bin stundenlang beleidigt.
Wenn ich manche Gedanken von mir hier erklären würde und wie ich darauf komme, würdet ihr mich noch weniger ernst nehmen. ;-)
Noch bin ich dabei herauszufinden, warum meine Gedanken und Gefühle gerade so sind. Es soll mir etwas zeigen. Wenn man sich verletzt oder ungerecht behandelt fühlt und beleidigt ist, hat das häufig mit dem Ego zu tun oder dem inneren Kind.
Am Anfang meiner Reise war eine solche Phase der Hinweis auf meinen fehlenden Selbstwert. Ich fühlte mich angegriffen, wenn mir jemand spiegelte, dass ich mich nicht sehr mochte.
Das waren und sind anstrengende Phasen, weil man nicht mehr wie früher einfach seine Umgebung verflucht für ein paar Tage oder sich ein paar Bier reinzieht. Jetzt muss man die Gefühle und Gedanken zulassen, nicht ganz ernst nehmen und hinterfragen, um herauszufinden, was dahinter gesehen werden will.
Wenn man die ersten größeren Baustellen beseitigt hat, ist man nicht damit durch, sondern die unter den Ego-Phasen liegenden Probleme werden kleiner, feiner und schwieriger zu entdecken.
Also zurück zu hier und jetzt: Es ist nicht mehr so offensichtlich, was dahinter liegt. Vielleicht aber auch doch und das Problem kommt nur kurz zurück, um zu überprüfen, ob ich meine Wunden ordentlich geheilt habe? Oder ich habe meine früheren Hausaufgaben nicht gemacht und bekomme jetzt die Rechnung? Feinere, tiefere Wunden?
Möglicherweise geht es auch darum, Leute nicht über meine Grenzen latschen zu lassen und mein System reagiert übertrieben, aber zu Recht?
Ich bin sehr dankbar, dass solche Phasen sich bei mir immer unecht anfühlen. Wie ein Rollenspiel. Es ist völlig klar, dass meine übertriebenen inneren Reaktionen nicht echt sind. Nervig ist es trotzdem, wenn stundenlang Gedanken kreisen und nur schwer kontrolliert werden können.
Eine anstrengende Zeit mal wieder – eine, die man nur hat, wenn man die rote Pille genommen hat und weiterkommen will.
Es ist immer leicht gesagt, dass man nicht seine Gedanken und Gefühle ist, sondern Gedanken und Gefühle hat, aber in Zeiten wie jetzt merke ich, dass man einen Preis bezahlen muss für die eigene Entwicklung.
No pain, no gain
Nachtrag nach einem Tag – ich bin viel schlauer:
Was gestern noch ein Durcheinander war, ist plötzlich um einiges klarer.
Ich tendiere grundsätzlich dazu, mich etwas anzupassen. Ich bin einfach so, weil ich häufig Neues ausprobiere und mich in ungewohnten Umgebungen einfach erst mal anpassen muss. Außerdem habe ich Angst vor Ablehnung und wenn man angepasst ist, erlebt man weniger Ablehnung.
Es dauert relativ lange, bis ich merke, dass mich ein bestimmtes Verhalten oder Nichtverhalten wirklich stört. Ich finde für lange Zeit Begründungen, warum eine Person mir gegenüber auf die eine oder andere Weise so ist, wie sie ist und, warum es nichts mit mir zu tun hat.
Jetzt wird mir gerade bewusst, dass mich etwas seit Längerem stört. An anderen Personen und an mir.
Die aktuellen Auslöser für meinen Ärger sind keine großen Sachen, haben aber das Fass zum Überlaufen gebracht. Ich nahm mein Ego nicht ernst, weil es sich scheinbar nur an Kleinigkeiten hochgezogen hat. Dabei übersah ich, dass ich lange vorher nicht auf Zeichen geachtet habe, und das Ego nur deshalb jetzt laut und ungehalten ist.
Ich bin unsicher, wann ich jetzt reagiere und etwas anspreche. Einerseits können die anderen Personen nichts dafür, dass ich nicht frühzeitig zu mir stehen kann und einen Konflikt erst anspreche, wenn er unnötig weit eskaliert ist. Anderseits muss es ausgesprochen werden, um beiden Seiten die Möglichkeit der Veränderung zu geben und wieder entspannt miteinander umgehen zu können.
Es geht aber primär um meinen Umgang damit, genauer gesagt meine Erwartungen an andere. Hier ist der Knackpunkt. Einerseits möchte ich keine Bedingungen stellen, weil bedingungslose Liebe das große Ziel ist, anderseits darf ich auch ein wenig auf mich achten :-).
Um es noch ein wenig komplizierter zu machen, kommt meine Angst vor Ablehnung wieder voll durch. Was passiert, wenn ich zu mir stehe und auf die Einhaltung von ein paar Grenzen bestehe? Werde ich dafür abgelehnt?
Ich habe gerade ein komisches Gefühl hier so die Hosen runterzulassen, aber es ist wichtig. Zu zeigen, dass es sich lohnt ein paar Tage mit kreisenden Gedanken zu verbringen und diese zuzulassen und einen Raum zu geben. Auch um daran zu erinnern, dass wir alle an der einen oder anderen Stelle nicht ganz dicht sind. Wir sind alle ein wenig klein und verletzt und ängstlich und je offener wir dazu stehen, umso leichter finden wir gemeinsam Wege damit umzugehen und uns auszutauschen.
Gute Besserung! :-)