Aufgabenmanagement mit Kopf, Herz und Bauch

Unser Leben ist voll von kleinen, großen, unwichtigen, wichtigen, dringenden und nicht so dringenden Aufgaben. Diese müssen erledigt werden, um nicht Zuhause im Müll zu ersticken, saubere Kleidung und etwas zu essen zu haben, um eine Prüfung zu bestehen, den Urlaub zu planen oder Lebensträume zu verwirklichen.

Einiges davon ist in Fleisch und Blut übergegangen und wird überhaupt nicht mehr als Aufgabe wahrgenommen – etwa morgens aufzustehen oder sich vor dem Duschen auszuziehen.

Hier geht es aber um die Aufgaben, die nicht so nebenbei und automatisch von der Hand gehen, sondern um die unzähligen anderen. Solltest Du Dich gelegentlich mit nassen Klamotten in der Dusche wiederfinden oder Termine verpassen, weil Du vergessen hast aufzustehen, hilft Dir dieser Artikel vermutlich nicht weiter.

Aufgaben managen zu können, ist selbst nicht der Schlüssel zu Erfolg, Glück und Zufriedenheit, kann aber alles viel leichter und schneller machen. Schlechtes oder gar kein Aufgabenmanagement kann Dich verlangsamen oder vom gewählten Ziel wegführen.

Wenn wir dafür sorgen, dass wir die wichtigen Dinge in einer sinnvollen Reihenfolge zur richtigen Zeit machen, können wir uns viel Stress, Ärger und unnötige Arbeit ersparen und mehr zeitliche und energetische Freiräume schaffen für die wichtigen Sachen im Leben.

Dieser Artikel versucht diverse Gedanken und Erfahrungen zusammenzufassen und das kopflastige Thema Aufgabenmanagement mit Herz und Bauch und einer spirituellen Prise von „wofür sind wir hier?“ zu verbinden.


Nun aber zu vier Schritten, wie man sich organisieren kann:

Schritt 1 – Aufschreiben

Alles, was uns als Aufgabe in den Kopf kommt – sei es eine eigene Idee oder ein Impuls von außen – sollte man sofort aufschreiben. Was wir nicht strukturiert notieren, schwirrt uns ständig im Kopf herum oder wird vergessen. Wie beim Tagebuchschreiben, entlaste ich mein Gehirn, in dem ich sage: Du brauchst es Dir nicht zu merken – ich habe es aufgeschrieben.

Das Aufschreiben auf Papier ist zwar besser für die interne Verarbeitung im Kopf, aber Software kann das auch. Die schnelle Verfügbarkeit ist der Schlüssel zum Erfolg: Ich muss immer in der Lage sein, eine Aufgabe schnell aufzuschreiben. Das schönste Notizbuch nützt nichts, wenn ich es nicht immer dabeihabe. Deshalb sind das Mobiltelefon und eine der zahlreichen To-do-Apps häufig die Lösung, um Dinge schnell aus dem Kopf und in ein System zu bringen. Ein Vorteil von Software im Gegensatz zu Papier ist auch, dass es leichter ist, Aufgaben zu filtern und sich nur anzeigen zu lassen, was heute dran ist. Auf Papier kann es sinnvoll sein, morgens die Aufgaben des Tages auf eine einzelne Seite zu schreiben.

Schritt 2 – Sortieren

Regelmäßig, zum Beispiel jeden Morgen, sollten die in den vergangenen Stunden aufgeschriebenen Aufgaben sortiert und Projekten oder Bereichen zugeordnet werden. Ein Projekt ist eine Sammlung von Aufgaben, die einem Ziel dienen, das ein klares Ende hat. Das Projekt „Buch schreiben“ ist spätestens beendet, wenn das Buch veröffentlicht ist. Im Gegensatz dazu ist „gesund Leben“ kein Projekt, sondern ein Bereich bzw. eine Daueraufgabe mit sich wiederholenden Aufgaben.

Die sinnvolle Reihenfolge der Aufgaben ergibt sich aus zeitlichen Vorgaben, Abhängigkeit von anderen Schritten im Projekt, Prioritäten im Gegensatz zu anderen Projekten und Verfügbarkeit von Ressourcen (Zeit, Energie, Geld, Auto, andere Personen).

Das Gehirn möchte gerne immer kleine, leichte Aufgaben zuerst abarbeiten, auch wenn die eigentlich keine Priorität haben. Deshalb ist es sinnvoll, Aufgaben in kleinere Unteraufgaben herunterzubrechen. Niemals größer als was man an einem Tag oder in einer Arbeitssitzung vollbringen kann. Aufgaben sollten formuliert werden als ausführbare Aktionen, wie „rufe Carola an“ oder „schreibe die Einleitung für das Buch“.

Einige Dinge dürfen auch in einem Ordner landen, auf dem „irgendwann“ steht. Darin sind die Dinge, die man schon immer mal machen wollte, wenn man Zeit dafür findet. Diesen Ordner sollte man nicht zu häufig anschauen, da man dazu neigt, ein schlechtes Gewissen zu haben wegen all der Dinge, die man nicht tut. Fokus also besser auf „was heute dran ist“ – das wird eher eine Erfolgsgeschichte.

Schritt 3 – Machen

Jetzt, wo wir Zeit investiert haben, um zur rechten Zeit die richtigen Dinge zu tun, geht es ans Machen. Woher Du die Zeit nimmst, ist egal, aber wenn Du Schwierigkeiten damit hast, kann es helfen, sich Zeiten dafür festzulegen – gerne im Kalender als Verabredung mit Dir selbst.

Morgens solltest Du als Erstes festlegen, welches Deine wichtigste Aufgabe des Tages ist: Wenn Du heute nur eine Aufgabe erfüllen könntest – welche wäre das? Mit dem Erledigen welcher Aufgabe hättest Du das Gefühl, dass der Tag schon ein Gewinn wäre? Diese wichtigste Aufgabe des Tages solltest Du als Erstes erledigen!

Es hilft uns nach getaner Arbeit ein Wort auf einem Papier durchzustreichen oder ein Haken in einer App zu setzen – zelebriere das gerne!

Schritt 4 – Überprüfung

Betrachte alle paar Tage, was Du wie erledigst hast und ob es etwas zu optimieren gibt im Ablauf oder in der Organisation für die Zukunft. Frage Dich, wie Du Dich mit den Aufgaben gefühlt hast. Hat es Dir Freude bereitet und Dich nach vorn gebracht oder war viel Nerviges dabei? Auch wenn einige Egos jetzt lautstark widersprechen: Leben darf leicht sein und Spaß machen. Wenn Dir ein großer Teil Deiner täglichen Aufgaben keinen Spaß macht und Dir nicht leicht von der Hand geht, darfst Du vielleicht mal schauen, ob es Deine Aufgaben sind oder Du gerade das Leben von jemand anderem lebst.

Ich möchte jeden Tag daran arbeiten, schlechte Dinge zu reduzieren und mehr gute Dinge in mein Leben zu holen. Falls ich bei einer solchen wöchentlichen Überprüfung feststelle, dass mir das nicht gelungen ist und ich nicht meinen Themen nach vorn gebracht habe, wäre das eine schlechte Investition von Zeit und Energie.

Zusammenfassung Schritte

Diese Schritte decken fast alles ab, aber alleine darüber gibt es unzählige Vorträge und Bücher und Methoden. Falls Du tiefer in den organisatorischen, technischen Aspekt eintauchen willst, empfehle ich diesen Artikel als Einstieg. Es wird hier von einer bestimmten Software gesprochen, aber das funktioniert mit fast jeder anderen auch. 


Dringend vs. Wichtig

Wenn wir häufig mit dringenden, nicht verschiebbaren Aufgaben zu tun haben, haben wir zu viele davon oder nicht gut genug geplant. Man sollte immer genug Zeit haben, an wichtigen Dingen zu arbeiten, bevor diese dringend werden und wir unseren Handlungsspielraum verlieren. Es sollte auch immer möglich sein, mal einen Tag oder eine Woche auszufallen, ohne dass alles zusammenbricht. Wenn alles immer dringend ist, fühlt sich das nach einer Überlebenssituation an und nicht nach einem stressarmen, gesunden Leben.

Ich muss vs. ich wähle

Wenn wir unsere Aufgaben beschreiben, sagen wir häufig „ich muss dieses oder jenes tun“. Das drückt aus, dass es nicht in unserer Kontrolle ist und wir nicht frei sind. Das stimmt aber häufig nicht. Bis auf Sterben und gewisse Tätigkeiten auf dem Klo ist es unsere Entscheidung, was wir tun. Wir wählen, etwas zu tun und können uns dafür entscheiden, es einfach nicht zu tun. Ja, das hat häufig auch Konsequenzen, wenn ich nicht mehr zur Arbeit gehe, aber es ist 100 % meine Entscheidung und damit etwas, was ich abwählen kann, wenn es nicht gut für mich ist. Konsequenzen hat übrigens alles – also auch zu viel Stress oder zu wenig Zeit für Kindern, Partner oder Dich selbst.

Wenn Du Dich jetzt sagen hörst „aber ohne mich bricht die Familie oder die Firma zusammen“, dann darfst Du Dich fragen, welcher Teil von Dir diese Idee hat und warum. Wir sind 7 Milliarden Menschen auf der Welt – jeder von uns ist ersetzbar. Unser Ego mag das gar nicht hören, aber ist das nicht ein schöner Gedanke? Wir sind gar nicht so wichtig und ohne uns bricht nichts wirklich zusammen. Und ohne die Verantwortung für die Welt und die Familie und andere Menschen könnten wir uns mehr mit der Verantwortung für uns selbst beschäftigen? Kontroverse These – ich weiß!

Entscheidungsmuskel

Aufgaben, die Entscheidungen beinhalten, sollte man direkt morgens oder nach einer längeren Pause angehen. Unsere Fähigkeit Entscheidungen zu treffen nimmt mit der Anzahl getroffener Entscheidungen im Laufe des Tages ab. Man wird immer weniger Risiko-freundlich. Es gibt sogar Menschen, die jeden Morgen dieselbe Kleidung anziehen und dasselbe Frühstück einnehmen, nur um den Entscheidungsmuskel nicht schon zu Beginn des Tages zu schwächen.

Die richtige Menge

Wenn man beim Jonglieren zu viele Bälle gleichzeitig in der Luft hat, fallen irgendwann alle runter. Je nach Tagesform, Begabung, Training und anderen Faktoren hat jede Person eine individuelle Grenze, ab wann mehr zu tun nicht zu mehr, sondern weniger Produktivität führt. Zu sagen „höre einfach auf Dich oder Deinen Körper“ ist etwas zu einfach – Du solltest Erfahrung damit haben, welcher Teil Deines Körpers welche Agenda hat. Das Gehirn möchte gerne den ganzen Tag entspannen und so wenig Energie wie möglich verbrauchen und das Ego will viel schaffen oder manchmal auch nur so aussehen als ob. Die goldene Mitte ist vermutlich dazwischen.

Dinge im Flow erledigen

Es gibt Zeiten, in denen alles einfacher ist und schneller geht. Das kann manchmal eine Tageszeit sein, ist aber häufig davon abhängig, wie wichtig Du die Aufgabe empfindest. Du wirst vermutlich nie in den Flow kommen, wenn Du an Träumen und Vorstellungen von anderen arbeitest, aber viel häufiger, wenn es um die Verwirklichung Deiner Lebensthemen geht.

Es muss nicht alles leicht gehen im Leben, aber wenn gewisse Dinge immer zäh und schwer sind, darf man mal schauen, ob mich gerade etwas blockiert oder es einfach keine Aufgabe für mich ist.

Multitasking

Wer an zu vielen Projekten gleichzeitig arbeitet, verzettelt sich häufig und sieht wenig Fortschritt, weil sich die Energie auf viele Fortschrittsbalken verteilt. Entgegen der weitverbreiteten Annahme, dass wir Multitasking beherrschen, zeigt die Realität, dass unser Gehirn das nicht wirklich kann. Wenn man versucht, zwei Gedanken gleichzeitig zu haben, wird immer der eine auf Pause geschaltet, während der andere in den Vordergrund rückt. Dieses ständige Umschalten kostet Energie und verlangsamt den gesamten Prozess.

Man sollte sich also auf eine Aufgabe konzentrieren und sich nicht ablenken lassen. Bei einem Projekt am Schreibtisch etwa dafür sorgen, dass der Raum aufgeräumt ist und am Computer und Mobiltelefon alle Benachrichtigungen ausgeschaltet sind. Selbst das Schielen auf ein Handy-Display, ob es neue Nachrichten gibt, sorgt im Gehirn für das Pausieren des Vorganges, den wir eigentlich schnell beenden wollen.

Priorität von Lebensaufgaben

Bei der Priorisierung von Aufgaben ist es wichtig, den jeweiligen Lebensbereich zu berücksichtigen. Manche Bereiche sind uns wichtiger als andere. Wir sollten uns stets bewusst sein, wo Familie, Kinder, Partnerschaft, Beruf, Hobbys oder die eigene Entwicklung in unserer Prioritätenliste stehen.

Die Gesellschaft neigt dazu, uns ihre Werte aufzuzwingen. Es gibt Menschen, die glauben, dass man im Beruf alles geben muss und andere, die sagen, dass die Familie immer an erster Stelle steht. Es gibt hier kein allgemeingültiges richtig oder falsch, nur Dein eigenes. Keiner außer Dir hat die Wahrheit für Dich gepachtet. Wenn Du hier Wertvorstellungen anderer übernimmst ohne zu reflektieren, was für Dich wichtig ist, hast Du ein perfektes Rezept für Chaos in Deinem Leben. Du wirst nie authentisch sein können, wenn Du nur Meinungen und Werte anderer Leute vertrittst. Deine Projekte und Aufgaben, die darauf basieren, werden sich nie wie Deine eigenen anfühlen, aber viel Energie benötigen. Ein Ausflug mit der Familie kann sich wie Arbeit oder wie Vergnügen anfühlen – je nachdem, wo Familie auf Deiner Prioritätenliste wirklich steht.

Deine Energie sollte grundsätzlich in Deine wirklichen Prioritäten fließen und nicht in das, was andere von Dir erwarten.

Ergebnis und Siegerehrung

Das Leben sollte nicht aus Aufgaben bestehen, sondern den Momenten dazwischen. To-do-Listen sind zwar notwendig, aber sie sollten keinen übermäßigen Raum einnehmen. Solche Listen sollten die Freiräume schaffen, in denen ich das tun kann, wonach ich mich fühle.

Listen sollten nicht dazu dienen, uns wertvoller oder gebraucht zu fühlen, nur weil wir ständig beschäftigt sind. Wir leben in einer Zeit und an einem Ort, in dem es sehr unwahrscheinlich ist, dass unser Leben in Gefahr gerät oder wir hungern und dürsten müssen. Dennoch sind wir oft gestresster und haben weniger Zeit als Menschen in anderen Regionen der Welt, die mit existenziellen Problemen kämpfen.

Aufgabenmanagement sollte das Notwendige erleichtern und sich ansonsten so weit wie möglich im Hintergrund halten.

In einer perfekten Welt schafft sich die To-do-Liste eines Tages selbst ab, weil die notwendigen Übel weg-organisiert sind und alles Schöne im Leben so in Fleisch und Blut übergegangen ist, wie das Entkleiden vor dem Duschen.


Was ich selbst benutze:

Nach zahllosen Versuchen mit Papier und Software bin ich bei Todoist hängengeblieben. Jeden Abend sortiere ich den Eingang und gehe die Aufgaben und Termine des nächsten Tages durch. Einmal die Woche schaue ich alle Aufgaben durch.

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