Mich interessiert nicht mehr, was Leute machen, sondern nur noch, was sie dabei empfinden und ob es etwas mit ihnen macht.
Dein Chef ist ein Arschloch? Diese Information allein ist langweilig!
Wie fühlst Du Dich, was änderst Du an Deiner Einstellung dazu, was machst Du? Das interessiert mich! Es interessiert mich, weil ich eine Verbindung zu Dir habe und nicht zu Deinem Chef. Es kümmert mich, wie es Dir geht und nicht Deinem Chef.
Wozu sind Gespräche da? Nur Austausch von Informationen?
Keinesfalls! Wir verbringen Zeit mit anderen Menschen und gehen aufeinander ein, indem wir über ein gemeinsames Thema sprechen. Informationen könnten wir auch in Textform austauschen oder recherchieren, aber im Gespräch laufen viele andere Prozesse ab.
In einem Gespräch können wir uns nur schwer verstecken. Wir müssen direkt antworten oder etwas entgegnen, Reaktionen und Gefühle zeigen.
Wir hören zu, teilen uns mit, überzeugen, beeindrucken, enttäuschen, lachen mit, weinen mit, fühlen mit. Sind ratlos und geben Ratschläge, sind fassungslos und geben Fassung. Wir sind präsent.
Präsent zu sein heißt auch einen Raum halten für den anderen oder eine Umgebung für ein Gespräch zu schaffen. Im besten Fall einer ohne Vorurteile und Verurteilungen. Eine Umgebung, in der alles gesagt werden darf, was gefühlt und gedacht wird. Ängste, Peinlichkeiten und Fehler eingestanden und ausgesprochen werden können.
Worüber reden?
Wer sich nicht kennt oder nicht weiß, wie die andere Person tickt, redet gerne über unverfängliche Dinge wie das Wetter, Sport, Reisen oder Gerüchte oder Geschichten über bekannte Personen oder gemeinsame Bekannte.
Bei diesen unverfänglichen Themen muss man keine Position beziehen und kann seine wahren Überzeugungen und Gefühle zurückhalten.
„Über das Wetter zu reden“ ermöglicht beiden Seiten im Gespräch zu bleiben, auch wenn man sich stark unterscheidet. Nicht unterschiedliche Meinungen – dafür ist ein Gespräch der richtige Ort, aber bei den Werten.
Leider sind Gespräche dann nicht besonders fruchtbar. Ein Gespräch über Kindererziehung zwischen einer Person mit den Werten Toleranz und Freiheit, mit einer anderen Person, die Anstand und Bescheidenheit wichtig findet, dürfte beide nicht wirklich weiter bringen.
Ehrliche, offene, tiefe Gespräche helfen herauszufinden, wo jeder steht und ob die unterschiedlichen Beteiligten gut gemeinsam ein Stück gehen können und voneinander profitieren oder es vielleicht sein lassen.
Es geht absolut nicht darum, dieselbe Meinung zu haben, sondern darum, ähnliche Wertmaßstäbe anzulegen.
Es gibt romantische und freundschaftliche Beziehungen, die diesen Schritt nie gegangen sind. Es ist und bleibt oberflächlich und damit passt jeder zu jedem anderen. Man spricht eine gemeinsame Sprache und in der Körpermitte passen primäre Geschlechtsorgane ineinander. Reicht doch, oder?
Liebe
Gespräche sind viel mehr als Informationsaustausch. Sie sind wichtig, um sich näherzukommen, Verbindungen zu schaffen und zu vertiefen. Sich verbunden, nah und zugehörig zu anderen zu fühlen.
Ich möchte mit Menschen reden, die verstehen, warum ich lache oder weine, die Verständnis haben für meine Art zu denken und zu fühlen. Die mir Ratschläge geben können, die zu mir passen und nicht zu ihnen. Wesen, die Mitdenken und Mitfühlen können – die mich verstehen. Die mir nah sind, in guten wie in schlechten Zeiten.