Egal wohin wir im Leben wollen oder ob wir noch nicht wissen, wo es hingeht – aufgeräumt und frei von Ablenkungen zu sein hilft klarer zu sehen und den richtigen Weg zu finden.
Im Kopf und im Herz aufzuräumen und den immer laufenden Radiosender der eigenen Gedanken im Kopf leiser zu drehen, kann ein langwieriger und schwieriger Prozess sein. Auf der materiellen Ebene ist das Aufräumen und Aussortieren aber viel einfacher!
Wichtiger ist das Aufräumen im Inneren, aber eine von Ablenkungen reduzierte Umgebung hilft, einen Platz für sich zu finden, in dem man entspannter an sich arbeiten oder einfach nur das Leben genießen kann.
Für mich ist Minimalismus deshalb ein gutes Werkzeug!
Das Problem
Unsere Wohnungen und Häuser werden immer größer und wir kaufen immer mehr Dinge für den größeren Platz. Nicht weil wir mehr Dinge brauchen, sondern nur, weil wir versuchen, unsere emotionalen Löcher zu stopfen, mit „kaufen“ als Ersatzbefriedigung für einen Mangel an Liebe und Anerkennung.
Auch die Jagd nach Schnäppchen als Reflex aus jahrtausendealtem Instinkt aus der Lebensmittelbeschaffung, hilft nicht gerade dabei, die Menge eigener Besitztümer auf einem sinnvollen Niveau zu halten.
Bei jedem Kaufvorgang werden wir mit einer Dusche Dopamin im Gehirn belohnt – das befeuert den Glauben, Probleme in sich mit Anhäufung von Dingen überdecken zu können.
Leider funktioniert die Ersatzbefriedigung nicht mal richtig, weil das „gute Gefühl“ nach dem Kauf nur sehr kurz anhält. Viel kürzer als die Zeit, die man auf der Arbeit verbracht hat, um sich das neue Ding kaufen zu können.
Wer ein wirklich erfülltes und glückliches Leben führt, braucht nicht viel und wird vermutlich nur wenig Verbindung zu materiellen Dingen aufbauen. Bedauerlicherweise sind die meisten von uns da noch nicht!
Wir haben immer mehr Dinge, die wir immer weniger benutzen. Viel zu viel Kleidung, Küchenmaschinen für jede Eventualität, Schuhe, Taschen und Werkzeug. Keller und Dachböden sind voll mit „das könnte man eines Tages noch mal gebrauchen“ oder „das könnte jemand anders vielleicht mal gebrauchen“ oder „zu schade zum Wegwerfen“.
Jedes dieser Dinge nimmt einen Platz in Deinem Leben ein. Selbst die Dinge in dem Karton im Keller nehmen einen Raum auch in Dir ein. Sie wollen Aufmerksamkeit, abgestaubt werden, an Aufgaben erinnern oder ein schlechtes Gewissen erzeugen.
Geld und Zeit
Die zu vielen Dinge in den zu großen Schränken in den zu großen Häusern müssen bezahlt werden. Mit Geld als Miete, Hypothek, Heizkosten und Stromkosten. Und schlimmer: Wir bezahlen mit viel Zeit! Zeit, um das Geld dafür zu verdienen, zum Besorgen der Dinge und zum Umtauschen und Zeit, um die größeren Behausungen zu reinigen und instand zu halten.
Es erscheint normal, den ganzen Tag zu arbeiten und abends zu erschöpft zu sein, um sich noch ein paar Stunden mit den eigenen Kindern zu beschäftigen oder mal zu meditieren oder Sport zu treiben. Das Auto zu verkaufen und das Haus zu verkleinern, um weniger Zeit auf der Arbeit zu verbringen und mehr Zeit mit der Familie oder mit sich selbst wäre doch sinnvoll, oder?
Im Hotel war es leichter
Eines Tages fiel mir auf, dass ich auf Reisen in Hotel-Zimmern oder anderen Unterkünften aktiver, produktiver und kreativer sein konnte als Zuhause. Ich fühlte mich in Hotels teilweise mehr Zuhause als in der eigenen Wohnung, obwohl ich nur sehr wenige von meinen Dingen bei mir hatte. Es dauerte lange, bis ich verstand, dass es die wenigen Räume, die wenigen Dinge waren, die mir Zeit, Freiheit und Raum gaben, um nachzudenken, zu meditieren, zu schreiben oder effektiver zu lesen. Weniger ist mehr!
Die Essenz von Glück ist nicht Besitz
Wo auch immer wir uns diesen Drang nach „mehr“ eingetreten haben, es wird Zeit, das loszulassen!
Wenn ich an die wichtigsten und schönsten Erfahrungen meines Lebens zurückdenke, hatte das nie etwas mit Geld und Besitz zu tun. Besitz macht es häufig einfacher, schöne Momente zu haben, war aber nie die Voraussetzung dafür.
Der Sternenhimmel, den man sich verliebt und eng umschlungen mit der liebsten Person gemeinsam anschaut, ist derselbe überall auf der Welt. Wenn in diesem Moment meine Kleidung, mein Auto, mein Haus oder beruflicher Status eine Rolle spielen, gibt es noch viel zu tun im eigenen Inneren!
Nur ein Beispiel, aber wenn man sich die wirkliche Essenz schöner, wichtiger, bewegender Momente anschaut, spielte Besitz wirklich eine verschwindend geringe Rolle.
Besitz sollte also in der Wertigkeit dahin, wo es hingehört. Es ist nur eine Unterstützung und darf deshalb nicht mein Leben bestimmen oder mich sogar einschränken – das wäre das Gegenteil von Unterstützung.
Es ist kompliziert
Ich bin etwas abgeschweift – Entschuldigung! Aber es ist leider etwas kompliziert und erscheint abwegig auf den ersten Blick: Ich versuche Dich hier zu überzeugen, nicht nur in der Zukunft weniger zu kaufen, sondern auch Dinge wegzugeben, die Du schon mit sauer verdientem Geld bezahlt hast … hört sich etwas verrückt an, oder?
Minimalismus
Minimalismus ist ein Konzept, nach dem man seinen Besitz reduziert auf Sachen, die man wirklich benötigt oder Dinge, die man wirklich liebt.
Extreme Anhänger beschränken sich auf einen Besitz von nur 100 Dingen und kommen nicht nur gut damit klar, sondern scheinen freier, leichter und glücklicher zu sein. Aber jede Person legt selbst für sich fest, wo die eigene Grenze ist und wie viel Dinge man liebt oder benötigt.
Dinge, die ich liebe
Stell Dir vor, dass Du Deine Wohnung wegen drohendem Hochwasser verlassen musst. Welche Dinge würdest Du mitnehmen? Die Sachen, die Du wirklich liebst, müsstest Du ohne viel Nachdenken aufzählen können, ohne jeden Schrank und jeden Karton zu öffnen.
Dinge, die ich benötige
Die Dinge, die man braucht, kann man vielleicht nicht so aus dem Kopf aufzählen, aber man sollte Dinge mindestens einmal im Jahr sinnvoll benutzt haben – eher deutlich häufiger.
Auch wenn ich meinen Akkuschrauber einmal im Jahr benutze, um ein paar Schrauben rein zu drehen, reicht für die Arbeit sicherlich der viel kleinere, leichtere, günstigere Schraubendreher aus, den ich ohnehin habe.
Eine Küchenmaschine, die ich zweimal im Jahr benutze, um eine Arbeit zu erleichtern, wird letztlich eher eine Belastung für mich sein.
Braucht man die braunen Schuhe, weil nur die mit dem einen Anzug oder Kleid zusammenpassen, die man kaum trägt?
Wie ich darauf gekommen bin
Wach geworden bin ich, als meine Kellerregale nicht mehr ausgereicht haben und ich luftdichte Kunststoffboxen für viel Geld beschafft habe, weil ich die Dinge, die ich besaß, aber ich nie benutzte, wenigstens erhalten wollte.
Als ich anfing, nach professionellen Regal-Lösungen für meinen Ein-Personen-Haushalt zu suchen, fiel auch mir auf, dass ich vermutlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte.
Die Dokumentation „Minimalism“ beschrieb mir mein Problem und die möglichen Lösungen. Danach folgten Bücher, Podcasts und der Austausch mit Leidensgenossen.
Ein guter Startpunkt für die Recherche zum Thema ist die englischsprachige Webseite von „The Minimalists“.
Lösungen
Neuen Standard setzen
Wir tendieren dazu, jedes Problem mit einem Kauf oder einem Austausch von Dingen zu bewältigen – wie gesagt, häufig nur um ein emotionales Loch zu stopfen oder für den Dopamin-Kick.
Als Erstes empfehle ich einen neuen Standard einzustellen: Wenn immer etwas fehlt, wird niemals etwas sofort gekauft. Erst sich fragen, ob man sich etwas leihen kann, ob man etwas, dass man schon besitzt, zweckentfremden kann dafür und ob es sich überhaupt um einen Mangel handelt, der so viel nachdenken rechtfertigt. Sollte alles nicht helfen, darf gerne etwas beim Online-Händler Deiner Wahl im Einkaufskorb landen, aber frühestens nach drei Tagen im Einkaufswagen bestellt werden. Häufig weiß man schon nach einem Tag nicht mehr, warum man es so dringend wollte.
Aussortieren
Im zweiten Schritt geht es daran, den eigenen Haushalt zu reduzieren. All die Dinge, die klar nicht unter die Regel „benötige ich“ oder „liebe ich“ fallen, gehen in den Müll, werden verschenkt oder verkauft. Hier wird man das erste Mal belohnt mit einem Gefühl von Leichtigkeit und wenn es gut läuft, gibt es sogar noch etwas Geld dafür.
Beispiele für die ersten und einfachen Erfolgserlebnisse:
Die überzähligen Schrauben für die Möbel, den ich nicht mehr habe. Lebensmittel, die ich nicht esse, abgelaufene Medikamente und Kosmetika. Bücher, die ich nicht noch mal lesen werde.
Nach den einfachen Dingen kommen aber die gefühlt schwereren Entscheidungen. Dinge loszulassen, die noch gut sind und die man bezahlt hat, ist am Anfang schwierig.
Alles wird etwas flüssiger, wenn man die Auswirkung der Reduzierung von dem ganzen Zeugs spürt: Alles wird etwas leichter, freier, übersichtlicher und es ist mehr Raum und Zeit für Dinge, die man liebt.
Um sich am Anfang nicht zu überfordern, kann man auch vieles erst einmal in einen Karton im Keller packen und nach einem halben Jahr schauen, ob man die Dinge im Karton wirklich vermisst hat.
Es geht hier übrigens bei den meisten Leuten um eine erhebliche Reduzierung ihres Besitzes. Ein wenig hier und ein wenig dort hilft auch, bringt aber nicht den erwünschten Freiraum.
Ausrede Erinnerungsstücke
Das Buch, das ich von einer lieben Person geschenkt bekommen und das Kleid, dass ich bei der ersten Verabredung getragen habe?
Wenn es nur um die Erinnerung geht, reicht in vielen Fällen ein Foto von dem Gegenstand, um sich zu erinnern.
Dabei bleiben
Wenn man die schmerzhaften Aussortierungen durch hat, die sich kurze Zeit später als schmerzlos und befreiend darstellen, gilt es, nicht wieder in alte Muster zu verfallen.
Selbst Kindern kann man erklären, dass eine bestimmte Anzahl Spielsachen ausreicht und wenn es etwas Neues benötigt, dafür etwas Älteres einen neuen Besitzer finden kann.
Bei einer Anzahl zu bleiben, hilft auch sich selbst zu beschränken. Wenn ich festgelegt habe, dass ich für das neue Kleidungsstück ein altes weggeben muss, verhindere ich unnötige Einkäufe und wieder breiter werdende Kleiderschränke.
Belohnung
Nicht nur fühlt man sich leichter und befreiter, man kann sich auch gerne mit besseren Dingen belohnen.
Wenn ich nur noch die Hälfte meiner Schuhe besitze, dürfen es dann auch teurere, schönere oder qualitativ bessere sein.
Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern es ist leichter sich mit Dingen zu umgeben, die nicht nur eine Funktion erfüllen, sondern die auch noch „schön“ sind.
Wenn Du bis hier noch gelesen hast
Es gibt einen Grund, warum es ganze Bücher gibt, die nur einen Teil meiner Ausführungen behandeln. Das Thema ist viel zu umfangreich und mit vielen anderen Aspekten verknüpft. Ich hoffe trotzdem, dass der Text Interesse weckt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Du findest zahlreiche Bücher, Foren, Webseiten und Filme dazu – auch in Deutsch.
Wenn Du immer noch nicht genug hast – Zitat von Steve Jobs
Viele reflektierte, vermögende Menschen weisen immer wieder darauf hin, dass Besitz und Reichtum nicht viel bedeuten. Steve Jobs (Gründer von Apple, Milliardär) soll diesen Text wenige Tage vor seinem Tod im 56. Lebensjahr geschrieben haben.
I reached the pinnacle of success in the business world. In others’ eyes, my life is the epitome of success. However, aside from work, I have little joy. In the end, my wealth is only a fact of life that I am accustomed to. At this moment, lying on my bed and recalling my life, I realize that all the recognition and wealth that I took so much pride in have paled and become meaningless in the face of my death.
You can employ someone to drive the car for you, make money for you, but you cannot have someone bear your sickness for you. Material things lost can be found or replaced. But there is one thing that can never be found when it’s lost—Life. Whichever stage in life you’re in right now, with time, you will face the day when the curtain falls.
Treasure love for your family, love for your spouse, love for your friends. Treat yourself well and cherish others. As we grow older, and hopefully wiser, we realize that a $3000 or a $30 watch both tell the same time. You will realize that your true inner happiness does not come from the material things of this world. Whether you fly first class or economy, if the plane goes down—you go down with it.
Therefore, I hope you realize, when you have mates, buddies and old friends, brothers and sisters, who you chat with, laugh with, talk with, sing with, talk about north-south-east-west or heaven and earth, that is true happiness. Don’t educate your children to be rich. Educate them to be happy. So when they grow up they will know the value of things and not the price.
Eat your food as your medicine, otherwise, you have to eat medicine as your food.
The One who loves you will never leave you for another because, even if there are 100 reasons to give up, he or she will find a reason to hold on. There is a big difference between a human being and being human. Only a few really understand it. You are loved when you are born. You will be loved when you die. In between, you have to manage.
The six best doctors in the world are sunlight, rest, exercise, diet, self-confidence, and friends. Maintain them in all stages and enjoy a healthy life.
Steve Jobs
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