Tag 20 Calzadilla de la Cueza – Sahagun
21. August 2013
Der Abschied am nächsten Morgen von dem komischen Hostel fiel mir außerordentlich leicht. Die Strecke war im Reiseführer wieder etwas untertrieben dargestellt – am Ende waren es 23 relativ leichte Kilometer auf sandigen, steinigen Wegen, die meistens schnurgerade waren.
Bei meiner ersten Einkehr traf ich auf eine Spanierin, die in Deutschland aufgewachsen ist und dank des unhöflichen Verhaltens des Gastwirtes kamen wir auf das Thema von gestern (unprofessionelle Gastronomie). Es war schön, dass meine Beobachtungen auch von einer Spanierin geteilt wurden.
Es hat mich gewundert, dass der Weg relativ sauber ist und kein Müll herumliegt, obwohl man nie Leute sieht, die etwas sauber machen. Heute kam die Lösung, leider: Ich überholte heute einen anderen Pilger, der einen Müllsack und so eine lange Zange bei sich hatte und beim Wandern den ganzen Müll beseitigt. Nachdem ich ihn überholt hatte, wurde mir klar, was er für eine Arbeit leistet: Plötzlich liegt eine ganze Menge Müll herum. Meine Hoffnungen zu dem Thema:
- Der Müll-Pilger bekommt 10 Jungfrauen im Paradies zur Belohnung,
- die Gemeinde-Verwaltungen, die ihre Arbeit nicht machen und das einem überlassen, der schon an seinem riesigen Rucksack genug zu schleppen hat, bekommen ein paar extra Jahre (ihr wisst, wo) und
- Der Müll-Pilger überholt mich heute wieder und legt eine Nachtschicht ein, damit morgen wieder alles schön sauber ist
Die zweite Pause war dann genau das Gegenteil meiner Erfahrungen der letzten Tage. Eine Herberge und Bar, bei der man beim Betreten von drei freundlichen Leuten angelächelt und begrüßt wird. Zur Feier dieses Erlebnisses habe ich eine halbe Stunde mit Kaffee, Tee und O-Saft auf der „Terrasse“ verbracht und danach geflucht, weil sich die Beine schon auf „Schluss für heute“ eingestellt hatten.
Kurz vor Ende traf ich auf eine kleine Kirche mitten im Nirgendwo. Beim Betreten wurde ich sehr freundlich begrüßt und mit Händen und Füssen aufgefordert, die Kirchenglocke dreimal zu läuten. Andere Länder, andere Sitten, dachte ich mir. Beim Verlassen sah ich aber den Grund für den Lärm: Zwei Steinsäulen markieren die Hälfte des Jakobswegs (zwischen Roncesvalles und Santiago). Ein denkwürdiger Augenblick, obwohl ich 26 Kilometer vor Roncesvalles gestartet bin und damit wohl schon gestern „Bergfest“ hatte.
Das Hostel in Sahagun ist sehr ok. Personal nett und das Zimmer winzig, aber zweckmäßig.
Nach den Erfahrungen der letzten Tage mit Restaurant-Ernährung versuche ich ab jetzt, wenn immer möglich, Essen „selbst zuzubereiten“. Der Ort ist etwas größer und es gibt sogar einen kleinen Spar-Markt, in dem perfekten Englisch gesprochen wird. Dort habe ich frisches Brot und eine Packung Philadelphia gefunden. Dazu gibt es ein paar Pfirsiche und Äpfel und damit bin ich heute Selbstversorger.
Tages-Leistung: 23 Kilometer, immer noch auf Sandalen …
Erkenntnis des Tages: Ich werde unterwegs mehr Tee trinken! (da sieht man mal, dass ich anfange, mich mit wirklich wichtigen Dingen zu beschäftigen …)