Tag 12 Santo Domingo de la Calzada – Belorado
13. August 2013
Meine Nacht im Kloster habe ich gut überstanden. Der Kaffee beim Frühstück war grausam, aber ich wollte mich nicht bei der Nonne beschweren. Meine Sorge, dass ich ausgewählt würde, das Tischgebet auf Spanisch aufzusagen, hat sich nicht bewahrheitet. Beim Verlassen habe ich mich kurz erinnert, ob ich noch die wichtigsten Porno-Seiten im Internet aufzählen konnte … puh, alles noch da – ich wurde nicht heimlich ge-brainwashed ;-)
Auf den 24 Kilometer (22 gemäß dem tollen Reiseführer) wurde ich begleitet von einem deutschen Lehrer und später von einem deutschen Psychiater. Eigentlich lief der Tag optimal, nur die letzten paar Kilometer zogen sich wie Kaugummi. Hape Kerkeling hat in seinem Buch von einer Strecke geschrieben, bei der man einige Kilometer direkt an der Straße läuft, mit einem sehr geringen Sicherheitsabstand zu den Autos. Diese Gefahrenstrecke wurde von der freundlichen spanischen Junta dadurch gelöst, dass direkt neben der viel befahrenen Landstraße ein „Feldweg“ gebaut wurde. Deutlich gefahrloser, dafür laut, staubig und sehr lange sehr geradeaus.
Am Ziel in Belorado fand ich ein kleines nettes Hotel und ein Restaurant, dass wirklich Essen am Nachmittag bereitstellen wollte und konnte. War zwar nur „Pommes Schranke“, aber ich will nicht klagen.
Die Nacht war abermals etwas unruhig. Da der Spanier morgens zu später Stunde aufsteht, hat er abends viel Zeit. Er genießt sein Abendbrot normalerweise zwischen 21 und 23 Uhr und danach wird sich auf der Straße aufgehalten. Gespräche müssen scheinbar auf der Straße stattfinden und auch wenn man nur einen Meter auseinander steht, wird immer in einer Lautstärke gesprochen, dass die ganze Straße bei geschlossenen Fenstern bequem mithören kann. Da ich hier nur zu Gast bin, erspare ich mir Wutausbrüche und murmle das “Shut the fuck up!” in meinen Bart.
Auch Dinge wie die Siesta oder die Weigerung von Restaurants (die geöffnet haben) Speisen vor 20 Uhr zu verkaufen, lässt mich hier immer wieder an Europa zweifeln. In dieser Gegend wird die Siesta eingehalten und das bedeutet, dass alle Geschäfte zwischen 12 und 17 Uhr geschlossen sind. Innenstädte sehen aus wie ausgestorben. Das ist nicht nur schlecht für den gemeinen Pilger, der sich gelegentlich mit Wasser und Nahrung versorgen muss, sondern kann auch nicht sehr hilfreich für die Wirtschaft sein. Bei den Restaurants und Bars wird zu 95 % draußen nicht serviert, das heißt man lässt lieber einen möglichen Kunden ziehen, bevor man seinen Hintern vor die Tür bemüht. Wer noch mal über die Servicewüste Deutschland jammern will – uns geht es blendend!
Tages-Leistung: 24 Kilometer, davon 6 genervt.
Erkenntnis des Tages: Sich über das Gastland aufzuregen, bringt einen auch nicht weiter!