Tag 11 Najera – Santo Domingo de la Calzada
12. August 2013
Am nächsten Morgen ging es gegen 8 Uhr los und gegen 10 Uhr traf ich auf die beiden Engländer von gestern mit ein paar anderen in einem Café. Nach dem üblichen Milchkaffee sind wir dann gemeinsam weitergezogen und trafen später auf den Asiaten, der barfuß läuft (habe schon mal berichtet).
Ich muss etwas ausholen: Ich treffe ihn jeden Tag, aber er macht den Eindruck, dass er sich nicht unterhalten will. Vor ein paar Tagen habe ich ihn gefragt, wo er herkommt und er deutete nur auf den Himmel. Heute war er deutlich gesprächiger: Also dieser Mensch ist südkoreanischer Tierarzt mit eigenem Krankenhaus und verspürte eines Tages den Wunsch den Jakobsweg zu laufen. Er fing also an, wie ich in Frankreich und schlug sich die Strecke bis Santiago durch. In der Kathedrale, wo man ja normalerweise „fertig“ ist, sprach Jesus angeblich zu ihm und sagte ihm, dass er den Weg noch mal laufen solle, aber diesmal ohne Schuhe und mit weniger Gequatsche unterwegs. Also hat er sich in den Bus gesetzt, ist zurück zum Ausgangspunkt gefahren, hat seine Schuhe weggeworfen und ist wieder gestartet. Sein Spitzname in der Community ist “Hero”, also „Held“. Er hat mir vorhin seine E-Mail-Adresse gegeben und die endet auf .net – also ist er wohl sicher nicht aus dem Himmel.
Zur Freude der plötzlichen Gesprächigkeit von Hero haben die Engländer dann ein kleines Konzert gegeben, mitten auf dem Feldweg, mitten in der brühend heißen Sonne – das war cool!
Mir sind heute ein paar Schilder über den Weg gelaufen – es dürften nur noch ungefähr 560 Kilometer sein …
Da die Zeit für Begegnungen wohl noch nicht um war, stolperte ich in einen etwas älteren Deutschen, der Manager bei einer großen Firma ist. Da er von Rostock nach Lissabon versetzt wurde, dachte er sich, dass er das auch zu Fuß machen und ganz nebenbei den Jakobsweg laufen könnte (liegt günstig auf dem Weg). Er übernachtet nur im Zelt und weil er seiner Frau versprechen musste kein Geld für Zigaretten auszugeben, sammelt er Kippen mit Tabakresten und dreht sich daraus Zigaretten. Leute gibt es …
Ich bin bestimmt nicht der normalste Mensch, aber hier im Vergleich bin ich es! Die meisten kleinen Geschichten erzähle ich gar nicht, z. B. eine Frau mit Krebs Endstadium, die es sich in den Kopf gesetzt hat, hier auf dem Weg zu sterben, u.s.w …
Heute habe ich stabiles Internet und dafür musste ich ins Kloster. Da sitze ich gerade und werde später hier hoffentlich wohlbehütet schlafen. “Jupp anner Latt” hängt auf jeden Fall über dem Bett und passt auf. Mit der Schwester am Eingang ist bestimmt auch nicht gut Kirschen essen – also bin ich sicher für heute.
Tages-Leistung: 22 Kilometer
Erkenntnis des Tages: Ein solcher Tag kann auch anstrengend sein, auch wenn man sich gut unterhält.