Ausreden, Wunden und Schutzschilde

In den letzten 20 Jahren hatte ich keine romantische Beziehung und habe in Freundschaften keine Nähe entstehen lassen. Das lag daran, dass meine Ansprüche an meine Mitmenschen etwas zu hoch waren, ich die Richtige nicht gefunden habe und ich beruflich bedingt viel unterwegs war und häufig umgezogen bin. Klingt plausibel?

Was liegt dahinter?

Die wirklichen Gründe sind, dass ich mich selbst nicht besonders liebe und deshalb auch nicht glauben kann, dass mich andere lieben. Außerdem habe ich Angst abgelehnt zu werden und halte andere deshalb gerne auf Abstand, damit ich gar nicht erst zurückgewiesen werden kann. Zwischen der ersten und der zweiten Erkenntnis liegt nur ein Jahr. Eines, in dem ich aufgehört habe, den Stimmen und  Ausreden in meinem Kopf alles zu glauben. Ich habe in Gefühle rein gespürt und wirklich versucht den Grund dafür zu finden.  Manchmal war der nicht in der Schicht darunter, sondern noch ein paar Schichten tiefer versteckt. Da sind alte Erfahrungen, die ich nicht bearbeitet oder verarbeitet habe, vielleicht weil es schmerzhaft oder ich zu jung dafür war und es jedes Mal weh tut, wenn man darauf schaut. Unbewusst habe ich mich entschieden,  nicht mehr auf diese Wunden zu schauen.

Wunden und Schutzschilde

Wir sind ziemlich gut darin, alte Verletzungen zu verstecken – vor anderen und uns selbst. Wir haben Schutzschilde, Verkleidungen und Masken, die zwar die Wunden nicht schließen, aber davon ablenken oder sie verstecken. Ab und zu trifft aber doch ein Pfeil oder die Bemerkung eines Mitmenschen in die alte Verletzung. Das merken wir, wenn wir angegriffen reagieren: Sauer, wütend, verletzt, beschämt, enttäuscht oder beleidigt. Manchmal ist es nur das Verhalten oder die Anwesenheit eines anderen Menschen, der uns auf die Palme bringt. Hier ist es oft ein Spiegel, der uns vorgehalten wird. Wir erkennen im Spiegel unsere Wunde bei uns oder etwas, dass wir an uns selbst nicht mögen. Das Gehirn ist ein sehr effizientes Organ und für die eben beschriebenen Gefühle gibt es keinen sinnvollen Grund, außer uns darauf hinzuweisen, dass es eine Wunde gibt, die versorgt werden will.

Heilung

Seine Wunden zu finden und zu heilen ist anfangs ein bisschen anstrengend und schmerzhaft, aber kein Vergleich zu der Zeit davor. Noch habe ich nicht jede gefunden und viele sind auch noch nicht geheilt, aber alleine das Wissen darum und der offene Umgang damit erlaubt es mir Schutzschichten, Verkleidungen und Masken abzulegen, ohne die ich authentischer, freier, leichter und glücklicher bin. Volle Empfehlung – ist ein geiles Gefühl!

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